Der Bundesgerichtshof hat in zwei Fällen zum Immobilienmaklerrecht entschieden, dass ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Grundstücksmaklervertrag ein Fernabsatzgeschäft ist und vom Maklerkunden innerhalb der gesetzlichen Fristen widerrufen werden kann. Die Entscheidung erging auf Grundlage der bis 13.06.2014 geltenden Rechtslage, sie hat aber inhaltlich auch nach der jetzt gültigen Gesetzesfassung Bestand.

Zum Sachverhalt:

Im Verfahren I ZR 30/15 wurde der Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Anspruch genommen. Die Immobilienmaklerin bot in einem Internetportal ein Hausgrundstück an, der Beklagte bekundete per E-Mail sein Interesse an dem Objekt. Die Immobilienmaklerin übersandte ihm daraufhin ein Exposé als PDF-Datei, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 6,25% des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung enthielten weder die Internetanzeige noch das Exposé. Der Beklagte bestätigte telefonisch den Eingang des Exposés und bat um einen Besichtigungstermin. Einige Wochen nach der Besichtigung erwarb er das Grundstück. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von 15.000 Euro. Der Beklagte hat den Maklervertrag im Laufe des Rechtsstreits widerrufen. Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im Verfahren I ZR 68/15 bewarb die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, im Jahr 2013 ein Grundstück im Internet. Auf die Anfrage des Beklagten übersandte sie ihm per E-Mail ein Exposé, in dem eine Käuferprovision von 3,57% des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung fand sich in dem Exposé nicht. Der Beklagte bestätigte per E-Mail den Eingang des Exposés und vereinbarte mit der Klägerin einen Besichtigungstermin. In der Folgezeit erwarb er das Grundstück zu einem Kaufpreis von 650.000 Euro. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von 23.205 Euro. Im Laufe des Rechtsstreits hat der Beklagte den Maklervertrag widerrufen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Nach der Rechtslage (alt und neu) Einem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Nach § 312b BGB sind Fernabsatzverträge auch solche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Maklerverträge, die Gegenstand der beiden Revisionsverfahren sind, Fernabsatzverträge über die Erbringung von sind, bei denen ein Widerrufsrecht besteht. Dies gelte insbesondere, wenn Makler ihre Leistungen auf gewerblichen Immobilienportalen anbieten.

Die jeweiligen Beklagten konnten die Maklerverträge noch im Prozess widerrufen, weil sie nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt worden waren. Das Widerrufsrecht der jeweiligen Beklagten war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärungen auch noch nicht gemäß § 312d Abs. 3 BGB aF (§ 356 Abs. 4 BGB nF) erloschen. Das Erlöschen des Widerrufsrechts nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei einer Dienstleistung der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt worden ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Diese Voraussetzungen lagen in beiden Fällen nicht vor, weil die jeweiligen Beklagten die Provision vor der Ausübung des Widerrufsrechts nicht bezahlt hatten.

Den Maklern steht in beiden Fällen wegen der erbrachten Maklerleistungen kein Anspruch auf Wertersatz zu. Der Verbraucher hat bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt. In beiden Fällen hatte es an einer entsprechenden Belehrung der Maklerkunden gefehlt.

BGH, Urt. v. 07.07.2016, I ZR 30/15 und I ZR 68/15