Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer heute veröffentlichten Entscheidung zum Insolvenzanfechtungsrecht das monatelange Nichtzahlen und Schweigen eines Schuldners auf Mahnungen mit anschließender Hinnahme der Titulierung (Vollstreckungsbescheid) als Indiz für Zahlungsunfähigkeit gewertet.
Der klagende Insolvenzverwalter machte von der Beklagten, die sich als Immobilienmaklerin betätigt, Rückzahlung von insgesamt EUR 60.000,00 unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) geltend. Die Beklagte hatte der Insolvenzschuldnerin, einem bundesweit an mehreren Standorten tätigen Gastronomieunternehmen, eine Gewerbeimmobilie in Berlin nachgewiesen. Von der im November 2008 mit Fälligkeit 1. Dezember 2008 in Rechnung gestellten Courtage i.H.v. rund 119.000,00 EUR zahlte die Schuldnerin bis September 2009 knapp EUR 40.000,00. Mitte September 2009 ließ die Beklagte die Schuldnerin sodann anwaltlich zur Zahlung des Restbetrages unter Androhung gerichtlicher Schritte auffordern. Eine Zahlung oder sonstige Reaktion der Schuldnerin blieb aus. Am 3. November 2009 erging sodann Vollstreckungsbescheid in Höhe der Restforderung (zzgl. Kosten und Zinsen). Nach Rechtskraft bot die Schuldnerin der Beklagten sodann den ratenweisen Ausgleich der Forderung über Einnahmen aus dem Berliner Geschäftsbetrieb an. Sie zahlte im Dezember 2009 und Januar 2010 jeweils EUR 20.000,00, im März 2010 EUR 10.000,00 und im Zeitraum April/Mai 2010 in Raten insgesamt weitere EUR 10.000,00.
Die Ausgangsinstanzen hatten die Klage des Verwalters abgewiesen. Die Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht erkannt. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers war erfolgreich.
Der Bundesgerichtshof stellt erneut fest, dass – bei erheblichen Forderungen (hier: rund EUR 80.000,00) – das monatelange (hier: 9 Monate) Schweigen eines Schuldners und die Nichtbegleichung der Forderung trotz erheblichen Zahlungsdrucks ausreichendes Indiz für eine Zahlungseinstellung sein kann. Wenn der Schuldner dann, ohne gegen die geltend gemachte Forderung inhaltliche Einwendungen zu erheben, die Titulierung über sich ergehen lässt und erst nach Rechtskraft unbestimmte Raten anbietet, ist – so der BGH – dem Zahlungsempfänger die Zahlungsunfähigkeit bekannt. Ein solches Zahlungsverhalten könne nur dahingehend gedeutet werden, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die zur Tilgung der Forderung notwendigen Mittel aufzubringen und seine Liquidität anderweitig einsetzt. Dies spreche für einen „am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds“ operierenden Schuldner.
BGH, Urt. v. 18.01.2018, IX ZR 144/16