Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in zwei aktuellen Entscheidungen wichtige Rechtsprechungsgrundsätze zur Anordnung  einer medizinisch-psychologischen Untersuchung der Fahreignung (MPU) in Fällen aufgestellt, in denen ein Strafgericht die Fahrerlaubnis entzogen (§§ 69 ff. Strafgesetzbuch), der Täter jedoch einen Blutalkoholspiegel von 1,6 Promille nicht erreicht hatte.

Im jeweiligen Streitfall war den Betroffenen nach Trunkenheitsfahrten die Fahrerlaubnis durch das Strafgericht entzogen worden. Der Blutalkoholwert betrug jeweils unter 1,6 Promille. Nach Stellung des Antrages auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis hatten sich die Behörden auf den Standpunkt gestellt, die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis zwinge sie, unabhängig von der erreichten BAK, zur Anordnung einer MPU. Die auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne vorherige MPU gerichteten Klagen blieben in den Vorinstanzen erfolglos. Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidungen nun auf und verurteilte den beklagten Freistaat Bayern, die Fahrerlaubnisse ohne MPU zu erteilen. Werde ein BAK-Wert von 1,6 Promille unterschritten, könne im Wiedererteilungsverfahren im Regelfall keine MPU verlangt werden.

Zu beachten ist aber, dass in Fällen, in denen konkrete Tatsachen den Verdacht begründen, es werde auch künftig Alkoholmissbrauch betrieben werden, eine MPU angeordnet werden kann. Dies kommt insbesondere bei Wiederholungstätern oder entsprechenden Feststellungen des Strafgerichts in Betracht. Die Entziehung durch den Strafrichter allein ist, weil sie bei Trunkenheitsfahrten im Regelfall zu erfolgen hat (und nicht näher begründet wird), noch keine solche konkrete Tatsache.

BVerwG, Urteile vom 6.4.2017, 3 C 13.16 und 3 C 24.15