Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg zum Bau- und Architektenrecht gilt der Grundsatz, dass der Auftraggeber dem Bauunternehmen nach Ablauf der Fertigstellungsfrist eine angemessene Frist zur Erfüllung setzen und dabei für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs die fristlose Kündigung androhen könne. Die nachfolgende Kündigung setze aber voraus, dass die gesetzte Nachfrist angemessen sei.
Die Frage der Angemessenheit richte sich nach den Umständen des Einzelfalls und müsse so bemessen sein, dass sie für einen leistungsbereiten und leistungswilligen Auftragnehmer bei größter Anstrengung einhaltbar sei. Zwar setze eine zu knapp bemessene Frist automatisch den Lauf einer angemessenen Frist in Gang. Kündigt der Auftraggeber jedoch bereits vor Ablauf der angemessenen Frist, so geht seine fristlose Kündigung ins Leere.
Schadensersatzansprüche in Form von Fertigstellungsmehrkosten können in diesem Falle nicht mehr geltend gemacht werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil durch Zurückweisung der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde.
OLG Oldenburg, Urt. v. 14.07.2022 – 14 U 54/18
BGH, Beschl. v. 13.03.2024 – VII ZR 143/22