In einer heute veröffentlichten Entscheidung hat der u.a. für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) die seit Jahren umstrittene Rechtsfrage geklärt, ob Verbindlichkeiten, die der Schuldner während der vorläufigen Eigenverwaltung begründet, Masseverbindlichkeiten sind.
Im Streitfall hatte die Schuldnerin, nach Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung, an den Beklagten Steuerzahlungen geleistet. Eine Ermächtigung des Insolvenzgerichts, wonach die Schuldnerin Masseverbindlichkeiten begründen dürfe, lag nicht vor. Dem Beklagten war die Anordnung der Eigenverwaltung im Zeitpunkt der Steuerzahlungen bekannt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens forderte der Kläger die Steuerzahlungen aufgrund Insolvenzanfechtung zurück. Die Klage wurde erstinstanzlich abgewiesen, das Berufungsgericht gab ihr statt. Die Revision des beklagten Landes blieb erfolglos.
Streitentscheid war die Rechtsfrage, ob das beklagte Land die Steuerzahlungen als Insolvenz- oder Massegläubiger entgegengenommen hatte: Der BGH urteilte dahingehend, dass das Land mit den befriedigten Forderungen, wie von § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO vorausgesetzt, bei Verfahrenseröffnung Insolvenzgläubiger und nicht Massegläubiger gewesen wäre. § 55 Abs. 4 InsO sei im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung nicht anwendbar. Der Schuldner könne ohne entsprechende Ermächtigung durch das Insolvenzgericht keine Masseverbindlichkeiten begründen, weil der Schuldner – trotz vorläufiger Eigenverwaltung – nicht in der Position eines starken vorläufigen Verwalters sei.
BGH, Urt. v. 22.11.2018 – IX ZR 167/16