Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes setzt die Zurechnung von Wissen in Bezug auf anfechtungsreleante Tatbestände zwischen verschiedenen Behörden grundsätzlich deren tatsächliche Zusammenarbeit im konkreten Fall voraus. Die abstrakte Möglichkeit eines Informationsaustausches genügt nicht.
Der Insolvenzsenat des Bundesgerichtshofes hat in einer jetzt ergangenen Entscheidung u.a. die Voraussetzungen präzisiert, bei deren Vorliegen eine Wissenszurechnung verschiedener Behörden in Bezug auf Anfechtungstatbestände (z.B. Zahlungsunfähigkeit, Gläubigerbenachteiligungsvorsatz) in Betracht kommt. Eine solche Zurechnung (im Fall handelte es sich um mehrere, mit unterschiedlichen Gebührenangelegenheiten befasste Bundespolizeidirektionen) setzt – so der Insolvenzsenat – eine tatsächliche Zusammenarbeit dieser Behörden im konkreten Fall voraus. Eine nur abstrakt unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehene Zusammenarbeit reiche nicht. Für die Zurechnung von außerhalb der konkreten Zusammenarbeit erworbenen Wissens bedarf es einer Einbindung eines Wissensträgers, welche die Weitergabe auch dieses Wissens erwarten lässt.
Die Zusammenrechnung des Wissens über eine durch unterschiedliche Behörden eingebundene Stelle – hier die Bundeskasse, die die Gebühren zu leisten waren und die von dieser verbucht wurden – führte nicht zu einer Zurechnung des Wissens der Bundeskasse über das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber den Bundespolizeidirektionen. Es handele sich hierbei – so der BGH – um eine untergeordnete Hilfstätigkeit, für deren ordnungsgemäße Erfüllung das sonstige Zahlungsverhalten der Schuldnerin ohne Bedeutung war.
Mit dem letztgenannten Argument dürfte auch eine Zurechnung des Wissens unterschiedlicher Finanzämter, die ihre Forderungen zentral über die Finanzkasse beitreiben und automatisierte Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen erstellen lassen, ausscheiden.
BGH, Urt. v. 18.4.2024 – IX ZR 239/22