Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 17.9.2020 entschieden, dass der Insolvenzverwalter keinen auf Art. 15 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) gestützten Anspruch gegen das Finanzamt auf Auskunft über das Steuerkonto des Insolvenzschuldners geltend machen kann.

Ein Anspruch nach Art. 15 DS-GVO könne nur der von der Datenverarbeitung nach Art. 4 DS-GVO unmittelbar betroffenen Person zustehen und gehe nicht nach § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über.

Der seit Jahren schwelende Streit, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage Insolvenzverwalter einen Auskunfts- oder Akteneinsichtsanspruch geltend machen können, um den Stand der Steuerkonten des Insolvenzschuldners zu ermitteln, hat einen sehr einfachen wirtschaftlichen Hintergrund: Insolvenzverwalter versuchen so potenzielle Anfechtungsansprüche zu ermitteln. Nicht selten zeigen die Steuerkonten bzw. Rückstandsanzeigen auf, dass der spätere Insolvenzschuldner bereits seit Jahren mit fälligen Steuerzahlungen säumig war, was als Grundlage für die Anfechtbarkeit der Zahlungen nach § 133 InsO dienen könnte. Die Finanzverwaltung verweigert die Auskunft daher zumeist, die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat sie bislang im Wesentlichen auf Grundlage der „Informationsfreiheitsgesetze“  der Länder (z.B.  Nordrhein-Westfalen) bejaht.

Art. 15 DS-GVO bietet, so das BVerwG, keine Grundlage für den Auskunftsanspruch.

In einem weiteren Verfahren (7 C 31.17) hat das BVerwG das Verfahren im Juli 2019 ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einige Fragen zur Auslegung von Art. 23 DS-GVO im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen des Insolvenzverwalters vorgelegt, welche die in § 32c Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) enthaltenen Verweigerungsgründe betrafen (Rechtssache C-620/19). Nach den Schlussanträgen des Generalanwaltes vom 3.9.2020, denen der Gerichtshof zumeist folgt, ist der Gerichtshof jedoch für die gestellten Fragen nicht zuständig. In seinen hilfweisen Ausführungen zur Vorabentscheidungsfrage verneint der Generalanwalt jedoch Auskunftsrechte des Verwalters; die Finanzverwaltung sei gegenüber privaten Gläubigern nicht schlechter zu stellen. Die Entscheidung des Gerichtshofes dürfte zeitnah zu erwarten sein.

BVerwG, Urt. v. 17.9.2020 – 6 C 10.19