Zahlt ein Schuldner von Sozialversicherungsbeiträgen diese vollständig, aber im Wesentlichen durchgängig um einen bis weniger als zwei Monate verspätet, stellt dies nach aktueller Rechtsprechung des BGH für sich genommen kein ausreichendes Indiz dar, um eine Zahlungseinstellung zu begründen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung zur Vorsatzanfechtung erneut die Notwendigkeit einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles betont, wenn es um die Frage geht, ob der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte.

Der Senat führt aus, dass der Tatrichter den Einzelfall zu bewerten habe. Dabei seien Höhe und Entwicklung der Rückstände sowie die Dauer der Zahlungsverzögerung einzubeziehen. Es sei nicht ausgeschlossen, aus einer einzigen Verbindlichkeit auf die Zahlungseinstellung und den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu schließen, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, diese Verbindlichkeiten nicht vollständig befriedigen zu können. Eine Verbindlichkeit in erheblicher Höhe könne dies nahelegen.

Allerdings deute eine stetig verspätete Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen – dies dürfte auf Steuern übertragbar sein – von einem Monat bis weniger als zwei Monaten, wenn die Zahlungen vollständig geleistet würden, für sich genommen nicht auf eine Zahlungseinstellung hin.

BGH, Urt. v. 28.04.2022 – IX ZR 48/21